Col du Pillon Schweizer Passstrassen auf www.schweizerseiten.ch
 

 

Col du Pillon

Col du Pillon
 

Passhöhe: 1546 m
Steigung: 11 %
Passlänge: 33 km zwischen Le Sépey (VD) und Saanen (BE)
Verbindung der Täler:
Verbindung der Kantone oder Länder: Waadt (VD) und Bern (BE)
Fahrstrasse seit:
Fotogalerie:
Zeittafel:

Entstehung der Alpen
 

Längs der Strasse über den Col du Pillon
Ein grossartiges landschaftliches Erlebnis bietet immer wieder die Fahrt vom Gestade des Lac Léman zum Thunersee über den Col du Pillon. Der Übergang  liegt in die eigenartige Sattelzone eingebettet, die sich vor der Front der Kalkalpen durchzieht. Bald schon bleiben die Rebhänge von Aigle zurück, wenn die Strasse aus der Rhoneebene abbiegt und sich in einem engen Seitental am Hang unterhalb der Terrassensiedlung Leysin nach Ormont Dessous und dann von Ormont Dessous aus in kurzem Anstieg die Passhöhe gewinnt. Steigen wir hier noch gut hundert Meter hinauf zu Hangterrasse, wo der Lac de Retaud aus den stillen Alpweiden blinkt. Leicht verzerrt wirft sein Spiegel das grandiose Bild der gegenüberliegender  Hangseite zurück. Beherrschend baut sich der massige Gebirgsstock der Diablerets vor uns auf. Au den weitausladenden Geröllhalden ragen die Harten, fast senkrecht abfallenden Felsbänder auf, die durch flachere Felssimse voneinander getrennt sind. Stufe um Stufe reicht der Fels näher an die vereisten Grate heran, aus denen der Schnee noch immer die Feinheiten der Gesteinsschichtung hervorhebt. Unverkennbar tragen die Diablerets alle Stilelemente der Kalkarchitektur, wie wir ihnen in der Innerschweiz und in der Ostschweiz wieder begegnen werden. Aber hier im hochalpinen Tei des Waadtlandes hat die Natur einen schweren Meissel geführt; entsprechend beschränkt ist in der Formenreichtum der Gipfelgestalten in den höchsten Felspartien. Vor der Passhöhe führt die Strasse zunächst  ins obere Saanetal hinab und dann über den Sattel von Saanenmöser hinüber ins Simmental. In Zweisimmen bietet sich uns mit der Bahn auf den Rinderberg eine bequeme Gelegenheit, von hoher Warte aus nochmals zurückzublicken zum Alpenkamm, den wir eben überwunden haben.
 
 

Col du Pillon 

Man spricht gelegentlich von der „verkehrspolitischen Bedeutung“ unserer Pässe  und meint damit ihren massgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Geschichte. Nun ist es klar, dass man den Col-du-Pillon, der Gstaad mit  Les Diablerets  und letztlich Aigle verbindet, in seiner Bedeutung keinesfalls mit dem Grossen St. Bernhard oder dem Gotthardpass gleichsetzen kann. Und dennoch fällt es auf, dass durch den langen Sommer sogar von Zürich aus Carfahrten „Col-du-Pillon-Col-des Misses“ durchgeführt werden. Dies mag uns Hinweis sein, wie interessant und beliebt diese Voralpenlandschaft ist.
 

Im Saanenland

Was ist doch die  Saane von Anfang an für ein eigenwilliger Fluss! Da holt sie ihr Quellwasser am Oldenhorn und damit auf Welschwalliser Boden, arbeitet sich durch steilwandige Felsenbastionen auf Berner Grund, biegt unterhalb Gstaad und Saanen plötzlich gegen Westen ab, wird waadtländisch und damit wieder französisch, knickt abermals um und rieselt durch das freiburgische Hochgreyerz nach Norden. – Die Verschiedenartigkeit dieser Regionen kommt aber auch in den Siedlungsformen zum Ausdruck. Der Pillonpass beginnt bei der international bekannte gewordene Fremdenmetropole Gstaad mit ihren selbstbewussten Hotelburgen; doch unmittelbar beim Eintritt in den „Boden“ lockert sich die Siedlungen auf und überall an den Mattenhängen haben sich jene heimeligen Bauernhäuser mit weit ausladenden Dächern niedergesetzt, wie wir ihnen drüben im Simmental begegneten. Uf de Fure, Ägerteweid, Moosfang, Mülischüpfi, Staldehore – das tönt wahrhaftig nicht welsch. Und wenn wir erst den prachtvollen „Bären“ in Gsteig vor uns haben oder dem liebenswerten Gotteshaus unsere Aufmerksamkeit zuwenden, verstehen wir die Zuneigung, die so viele weitgereiste Gäste dem Saanenland entgegenbringen. Die Auflockerung der Siedlungen ist ja ganz ähnlich wie drüben im Lauenental, dass auch zum Saanenland gehört: Nur ein Zehntel der Einwohner hausen im Dorfkern; der Rest verteilt sich auf kleine Weiler und. Einzelhöfe. Hat sich wohl die Eigenwilligkeit der Saane auf die Menschen übertragen?
 

 

 

Vermengung der Kulturen

Es bleibe unserem Taschenführer vorbehalten, die Sehenswürdigkeiten links und rechts vom Col-du-Pillon zu erwähnen. Wie wenig aber der lediglich auf 1546 m zu erwähne steigende Pass Grenzscheide war, mag man aus dem Charakter der Bauernhäuser ersehen. Das „Schali“ (vom welschen Chalet abgeleitet, wurde dieser Name für alle möglichen Nachahmungen missbraucht) ist weit über die Hänge des Tales der Grande-Eau vorgedrungen, dass heisst auf Waadtländer Grund. Schon der Bauernforscher H. Bockmann hat vor bald fünfundsiebzig Jahren darauf hingewiesen: „Das Berner Oberländer Haus geht weit über die Sprachgrenze hinaus nach Les Ormonts, steigt hinunter gegen die Rhrone, überspringt das Rhonetal – und zeigt sich wieder im Val d’llliez  (Kt. Wallis). Auf diesem Wege erfährt es keine Umgestaltung. Wohl aber finden wir in Leas Ormonts noch häufiger als auf Berner Boden alte Malereien aus der Barockzeit“. Als prächtiges Beispiel möge das Chalet „L’Aigle noir“ in Le Sépey-Cergnat gelten, an dem die Jahrzahl 1659 steht. Noch erstaunlicher: Auf dem Weg gegen Leysin – dem waadtländischen Davos – begegnen wir einem jener typischen Berner Oberländer „Spycher“, wie wir sie auch am Brienzersee und im Kander- oder Simmental finden. Dis wird im Grunde schon daraus erklärlich, dass die Waadt von 1536-1798 bernisches Untertanenland war.
 

Billiger Strassenbau

Wenige Passfahrer wissen mehr, weshalb der Bau des Col-du-Pillon verhältnismässig billig wurde: Im Mai 1880 verfügte der Grosse Rat des Kantons Waadt, dass die Arbeiten in den beiden obersten Sektoren – das heisst vom Pont Bourquin, wo die grosse Haarnadelkurve oberhalb Les Diablerets’ ist – von Sträflingen durchgeführt werden müsse. Ein Zahlenvergleich mag reden: Die Kilometerkosten im unteren Drittel (Le Plan-Pont Bourquin), vom Kanton ausgeführt, beliefen sich auf 41 568 Franken, die des mittleren  Drittels (Sträflingsarbeit) auf 25 366 Franken, die des obersten Teils von der Passhöhe bis zur Berner Grenze auf 22 840 Franken. Aus dem Departementsbericht  von 1883 wird klar, dass in diesem Jahr die Arbeiten deshalb langsam vonstatten gingen, weil der Kanton damals „leider“ zu wenige Gefangene besass… Vom unausrottbaren Kantönligeist jedoch mag folgende Tatsache zeugen: Von der Berner wie von der Waadtländer Seite her war der Bau des Col-de-Pillon beinahe vollendet: nur das Brücklein über den Grenzbach bei La Marche fehlte noch. In Bern hielt man dafür, dies sei Sache der Waadtländer Regierung, da  die Kantonsgrenze nicht mitten durch den Bach, sondern auf Berner Seite verlaufe und somit  das ganze Wasser welsch sei. Nach langen Verhandlungen, welche die Fertigstellung des Passes unliebsam verzögerten, fand man schliesslich die Lösung: Der Kanton Waadt hat das Brücklein  zu bauen – Bern aber übernimmt die Hälfte der Kosten. Vielleicht denken Sie an dieses salomonische Urteil, wenn Sie in der Auffahrt kurz nach dem Boden von Reusch über diesen unauffälligen Übergang kommen.
 

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