Zwischen Engadin und Veltlin
Am Berninapass
Vielfältig ist die
Bündner Alpenwelt mit ihren Talschaften. Man überquert einen
Pass und schon ist man von einer Landschaftskammer in eine
andere gelangt, die wieder neue Eindrücke vermittelt und von
unterschiedlicher Lebensart geprägt ist. Der Berninapass zum Beispiel
führt von der hochgelegenen Mulde des Oberengadins ins Puschlav und weiter ins Rebland des Veltlins. Die Strasse beginnt in Pontresina und strebt durchs Val Bernina in
die Höhe, vorbei an der Abzweigung nach dem Morteratschgletscher
und an den Berninahäusern, von denen aus man zu Fuss oder per
Seilbahn die Diavolezza erreicht.
Dort oben entfaltet sich eines der schönsten Panoramen des
Oberengadins, vom Piz Bernina und Piz Morderatsch
zum Piz Chalchagn mit all ihren
silberweissen Gletschern, den kolossalen Schneepyramiden und Eisobelisken.
Unten im Tal öffnet sich zur linken Seite das Val dal Fain, das triftenreiche Heutal,
das als botanische Fundgrube geschildert wird. Auf der Passhöhe
liegen zwei kleine Seen. Der kleine Lej
Nair, der schwarze See, sammelt sein
dunkles Wasser in einer torfigen Mulde und schickt es dann
durchs Val Bernina in den Inn. Der grösste See aber, der Lago Bianco, befindet sich bereits auf der anderen
Seite. Seine „Gletschermilch“, die er besonders von den
vereisten Flanken des Piz Cambrera
erhält, sucht sich den Weg nach Süden; ihr folgt die Bahn uns
erreicht die Alp Grüm mit ihrem
unbeschreiblichen Blick auf den Piz Palü. Die Strasse aber und
mit ihr auch die Wanderwege, suchen den bequemeren
Abstieg durchs Val Agonè, an den
Sommerdörfern La Motta, La Rösa und Pisciadello
vorbei. Dort öffnet sich das Val di Campo mit seinen herrlichen
Weideflächen.in dessen Hintergrund
blinken blaue Seen aus dunklen Arven- und Tannenwäldern, umsäumt
von Blockschuttmassen. Lagh da Val Vilola und Lagh
da Saoseo sind die grössten. Dieses Puschlaver Seitenthal
ist von herbem Ernst geprägt. Es wiederspiegelt
gewissermassen die Härte des Lebens in der Puschlaver
natur. Sehr ausgedehnt und weit für den Viehbestand des Tales
ist das Puschlaver Alpenweideareal.
Daher ist seit Jahrhunderten schon Sömmerung
von Fremdvieh üblich und auf gut gedüngten Wiesen wird mehr Heu
produziert, als man selber braucht. Unterhalb Pisciadello wird der Blick in die Tiefe frei,
auf die ovale Talmulde, in der der Lago di Poschiavo
ruht. Im untersten Puschlav sind wir
dann schon richtig im Süden. Da reifen Trauben, stehen
Feigenbäume in den Hausgärten, finden wir an den Hängen
Terrassenkulturen wie im Tessin. Ungemein eindrücklich ist so
im Puschlav der Landschaftswandel auf
recht kurzer Strecke, von der hochalpinen Gebirgswelt zu den
südlichen Niederungen auf knapp fünfhundert Meter über Meer.
Weitere Schweizer Alpenpässe
Fotogalerie
1 |